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Weihnachten bei Maria und Josef

Nach Allerheiligen wollte Josef eigentlich kürzer treten, denn in der kalten nicht geheizten Garage schraubt es sich mit klammen Fingern ja wirklich nicht besonders angenehm. Doch es kam mal wieder ganz anders. Mit allen möglichen Basteleien hatte er sich so verzettelt, daß die Überholung der Winterente einfach nicht fertig geworden ist. Dann streikte auch noch Marias Alltagsesel Ende November und so verbrachte er auch das erste Schneetreiben mit Motorwechsel und Bremsen erneuern in der Garage.

Ja und dann war er schon da, der Vorabend zum ersten Advent. Maria machte sich langsam mit dem Gedanken vertraut, am Sonntagmorgen selbst in den Wald zu gehen um Tannengrün für den Adventskranz zu holen. Doch kurz vor der Tagesschau, als Josef endlich mit schwarzen Fingern in der Tür stand, hing der Haussegen mehr als schief, denn eigentlich sollte sich Josef ja schon vor Tagen um das Tannengrün kümmern. Nach einigen Minuten hitziger Wortgefechte - weitere Anmerkungen hierzu wollen wir uns ersparen - zog sich Josef noch mal für ein halbes Stündchen in die Werkstatt zurück. Als Maria draußen wieder Hammer und Flexgeräusche vernahm und Blitzlichter vom Schweißgerät in die Stube blitzen, war sie der Verzweiflung nahe. Wie schön war es noch damals, als Josef noch keinen Führerschein hatte. Kurz vor neun Uhr abends steht Josef wieder freudestrahlend, die Schweißbrille noch auf dem Haupt, in der Tür, um seiner Angebeteten den Adventskranz zu überreichen. Rund, nicht zu übersehen, leider ein bißchen schwer, aber sehr robust, so präsentiert er seinen Adventskranz , gefertigt aus einer alten Felge im angenehmen 2 CV Look und umweltfreundlich in Grün gestrichen. "Schau mal Schatzilein, flüstert er liebevoll, in die Zündkerzenhalterungen, die ich hier angeschweißt habe, passen jetzt ENTlich die großen violetten Kerzen vom letzten Jahr und da Du ja schon immer mal eine weihnachtliche Obstschale haben wolltest, hier in der Mitte ist genug Platz für allerlei Obst." Maria schaut mit leicht gerötetem Kopf und feuchten Augen Ihren Josef fragend oder vielleicht doch ein bisschen wütend an. "Aber Maria, daß Du Dich so freust hätte ich jetzt wirklich nicht erwartet" freut sich Josef. Und so feiern Maria und Josef am folgenden Sonntag den ersten Advent, knabbern gemütlich Marias selbstgebackende Butterplätzchen, natürlich in der klassischen Entenform, die die Kinder mit verschieden farbigen Zuckergussfarben prachtvoll dekoriert haben..


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In den nächsten Dezembertagen, Weihnachten rückt unaufhaltsam wie der nächste TÜV-Termin näher, wälzt Josef heftig Kataloge und Zeitschriften um allen Verwandten, Bekannten und seiner Familie Auszüge aus seinem langem Wunschzettel rechtzeitig überreichen zu können. Damit auch gar nichts schief gehen kann legt er auch ein umfangreiches Händlerverzeichnis bei. Denn wer will schon ein Nullachtfünfzehn Dach für seine Ente wenn es ein Assböck-Dach in Sonnenlandqualität gibt. Maria wundert sich derweil, warum der Briefträger jeden Tag neue Baumarktprospekte und Holzfachmarktkataloge bringt, doch durch die vorweihnachtlichen Vorbereitungen nimmt Sie davon kaum Notiz. Und so geht die Adventszeit viel zu schnell dahin......wobei der diesjährige Adventskranz dieses Jahr kaum tannelt und am 4. Advent genauso frisch wie am 1. Advent ist.

Trotz aller vorweihnachtlichen Hektik und den vielen notwendigen Vorbereitungen träumt Josef schon vom Weltententreffen in Österreich im nächsten Jahr. Am 23. Dezember erschleicht ihn aber ein Gefühl, daß er wieder irgend etwas vergessen hat. Richtig, er hat ganz vergessen, Weihnachtsgeschenke zu kaufen und so hastet er in die Stadt um seine Besorgungen zu machen. Dabei denkt er an Maria, die jetzt bestimmt zu Hause sitzt und Ihm seine beiden neuen vorderen Kotflügel für seine alte 1954 Rundpedalente in weihnachtlichem Entenpapier einpackt oder an seine Kinder, Tom und Lisa, die Ihm die neue Herpaente oder auch Chromzierecken hübsch verpacken. Ja, und an die vielen anderen Geschenke, die er erwartet. Ja, und was soll nun sein Vater von ihm zum Feste bekommen, Josef eilt von Karstadt über Hertie zu Horten ohne eine passende Idee zu haben. Soll's am Ende doch wieder eine Flasche Streitberger Bitter aus der Brennerei nebenan werden und dazu vielleicht eine Krawatte? Nein, dieses Jahr lieber kein Risiko um des lieben Friedens willen. Da hatte doch gerade Aldi so ein schönes Angebot; ein leicht gemustertes Herrenhemd aus 100% Baumwolle, darüber würde sich doch sicher sein Vater freuen. Oder doch lieber einen Overall, damit er passend gekleidet Josef beim Demontieren des Motors helfen kann? Für Schwiegermutter nimmt Josef noch schnell im Vorbeigehen ein Töpfchen Oil of Olaf mit, zusammen mit einer Packung Rocher, da kann Sie sich sicher die Kugel geben und somit wird dieses Geschenk seinen Zweck gut erfüllen. Großes Kopfzerbrechen bereitet ihm aber dann doch das passende Geschenk für seine liebe Frau Maria, die sich doch tagein tagaus so liebevoll um die ganze Familie kümmert. Wie wäre es mit einem leistungsstarken Industriestaubsauger um endlich mal alle Krümel der Kinder wegsaugen zu können, ganz zu schweigen dass sich das auch vortrefflich für ... Ja, und da wäre doch noch dieser schicke Werkzeugkasten für die moderne Frau von heute um das eine oder andere technische Problem im Haushalt zu lösen. Vielleicht fällt mal die Geschirrspülmaschine aus? Oder der Toaster? Bestimmt würde Ihr ein pneumatisches Schrauberset sehr gefallen, aber das ist ja für die kleinen Reparaturen in der Küche, z. B. wenn die Schranktüre klemmt, doch etwas überdimensioniert. Langsam faßt Josef den Entschluß das zu nehmen, woran er schon seit Wochen denkt und arbeitet.
Es geht die letzte Nacht vorbei, sehr unruhig, denn trotz jahrzehntelanger Erfahrung überwiegt die Sorge, ob denn die Lieben auch wirklich das richtige ausgesucht haben. Nicht auszudenken der Streß nach Weihnachten, die vielen falschen Geschenke wieder umtauschen zu müssen.

Heiligabend ist da, und die Familie sitzt wohlvereint am Mittagstisch und zerlegt im wahrsten Sinne des Wortes die von Maria liebevoll zubereitete Weihnachtsgans. Die Kinder streiten sich wieder um die handlichen Gänsekeulen, während für Josef wieder mal nur die wenig nahrhaften Flügel überbleiben. Und während dieses köstlichen Festmahles und auch später während der Christmette in der Kirche beschäftigt sich Josef immer noch mit den gleichen Problemen, die ihn schon seit einigen Wochen verfolgen: Warum läuft der Motor der Sonntagsente so schlecht beim Kaltstart und soll für die Restauration der Treffenente ein Original Citroen Rahmen oder doch lieber ein verzinkter Rahmen aus Vechta verwendet werden?

Aber auch die Andacht geht vorüber und dann ist Sie ENTtlich da, worauf Josef 365 Tage gewartet hat, die Bescherung. Während sich die Kinder jauchzend durch die Tür ins Wohnzimmer stürzen, um zielstrebig auf den reichlich gefüllten Gabentisch zuzusteuern, genügt ihm nach jahrzehntelanger Erfahrung ein Blick durch die Tür in Richtung Weihnachtsbaum, um sich einen groben Überblick zu verschaffen. Doch nur wenige Sekunden später streben auch Josef und Maria in Richtung Geschenke und packen Ihre Päckchen aus um sich an den ihrigen zu erfreuen. Von den Kindern hat Josef einen neuen leistungsstarken Lüftermotor für den kalten Winter bekommen, einen Entenknopf zum Aufschrauben auf die Krückstockschaltung der Sonntagsente, eben lauter schöne kleine Dinge, die das Leben eines ENThusiasten so angenehm machen. Dann packt er die von seiner Gattin so liebevoll eingepackten Kotflügel aus, doch anstatt sich zu freuen, trifft ihn die Enttäuschung wie ein Blitz. Es sind die falschen Kotflügel, eben nicht die alten ohne Loch für die Blinker, sondern die neuen mit Blinkerausschnitt. Nicht dass er sich darüber ärgert, ob er die doch verwenden könnte oder ob er sie vielleicht doch zurückgeben soll. Viel schwerer wiegt, daß Josef jetzt bis zum 6. Januar zwei Wochen frei hat, 2 Wochen, eben 14 Tage, die man sinnvoll nutzen kann um im warmen Keller zu lackieren. Sollte da wohl etwa die Ausräumaktion aus dem Heizungskeller am 3. Advent umsonst gewesen sein? Er befreite extra den Keller von unnötigem Gerümpel wie altes, von Maria über Jahrzehnte gesammeltes Familiengeschirr, tausende von Schuhen seiner Frau, u.v.m., um die Kotflügel über die freien Tage zu lackieren und zu bearbeiten und nun das! Die Stimmung fällt gegen Null wie manche Aktie im vergangenen Jahr im Neuen Markt.

Nach einigen Minuten der Enttäuschung beschließt er aus der Not eine Tugend zu machen, denn der 12 PS Motor bedarf ja auch einer Überholung und ein verstellbarer Beifahrersitz für Maria soll ja auch noch für die nächste Treffensaison fertig werden. Er wird die Tage schon sinnvoll nutzen und am 1. Weihnachtstag während des Besuches der Schwiegereltern einen Werkstattplan aufstellen. Als er wieder zu Maria sieht, blickt Sie Ihn mit fragenden Blicken an; und fast hätte er es vergessen: Das Geschenk für seine liebe Frau Maria. Josef überreicht Ihr einen liebevoll mit rotem Geschenkpapier und Citroen-Klebeband zugeklebten Karton, welchen er gekonnt mit einer trockenen Blume verziert hat. Erwartungsvoll packt Maria ein selbstgebasteltes Modell eines rundumverglasten Pavillons aus und liest auf einem kleinen mit Goldbordüre versehenen Gutschein, daß dies der Gartenpavillon sei, den Sie sich immer gewünscht hat, um mit Ihren Freundinnen in lauen Sommernächten, während Josef sich sinnvolleren Dingen
widmet, angenehm zusammenzusitzen.


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Und so lassen Maria und Josef Ihre beiden Kinder für eine Weile spielend unter dem Weihnachtsbaum zurück und gehen in Ihren Garten, um die weihnachtliche Stille am Heiligabend zu genießen. Dabei beraten Sie in der deutlich kühler gewordenen Nacht bei "Leise rieselt der Schnee" wo denn der Gartenpavillon im Frühjahr seinen Platz bekommen soll. Maria zieht die linke hintere Ecke des Gartens neben den beiden Tannenbäumen vor, während Josef zu bedenken gibt, daß wegen des Stromanschlusses der Platz nahe am Haus gleich neben der Garage doch sehr passend wäre, was Maria als sehr vernünftige Idee nachvollziehen kann. Und so stehen Maria und Josef eng umschlungen in der kalten Winternacht und denken jeder für sich über gemeinsame Nutzungsmöglichkeiten Ihres zukünftigen Gartenpavillons nach.. Maria träumt von einer Tupperparty mit ihren Freundinnen im Mai und Josef wie es denn nächstes Jahr wäre, in diesem Gartenhaus bei Tageslicht und Heizung mitten im Winter in molliger Wärme an Enten das eine oder andere Detail zu verbessern.

Euch allen Frohe Weihnachten und eine schöne Bescherung.


Harald und Claudia.

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